Die Weinheimer Zeitung/Odenwälder Zeitung (WNOZ) befragte die Bundestagskandidaten im Kreis zu 5 aktuellen Themen. Hier die Antworten von unserem Kandidaten Sascha Bahl:
Im Weschnitztal soll die Planung für die Fortführung der Umgehungsstraße um Rimbach und Lörzenbach beginnen. Sind solche langjährigen Straßenbauprojekte angesichts einer angestrebten Verkehrswende noch ein zeitgemäßes Mittel, um die die Mobilität der Menschen in Zukunft zu sichern oder wäre nicht ein konsequenterer Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel – auch mit Blick auf den Klima- und Umweltschutz – sinnvoller?
Natürlich kann es sinnvoll sein, zu stark befahrene Straßen zu entlasten. Besonders, wenn dadurch Anwohner unter Lärm, Feinstaub und Schadstoffemissionen zu leiden haben. Pendler, die allmorgendlich und allabendlich im Stau stehen opfern für ihren Weg zur Arbeit Lebenszeit und Nerven. Aber wir sollten schädliche Verkehrswege nicht durch andere schädliche Verkehrswege ersetzen und zumindest die Schäden für Natur und Landschaft so minimal wie möglich halten. Das wurde bisher leider nicht getan. Ein minimalinvasiver Eingriff in die Landschaft und Natur durch eine Tunnellösung wurde unter Hessens „grünen“ Verkehrsminister Tarek Al-Wazir abgelehnt. Es zeigt sich weiter sehr deutlich, dass selbst mit grüner Regierungsbeteiligung eine reale Verkehrswende in weiter Ferne scheint. Es zeigt auch, dass die Energie, die in die Realisierung einer Umgehungsstraße geflossen ist, nicht annähernd in eine Lösung durch öffentliche Verkehrsmittel fliessen wird. Wenn überdies bedacht wird, dass Planungen für eine ÖPNV-Lösung wiederum viele Jahre brauchen wird, dann hätten wir damit schon längst anfangen sollen. So wird das Pariser Klimaabkommen zu einem reinen Lippenbekenntnis. Die Linke setzt den Fokus dagegen ganz klar auf eine sozial- und umweltverträglichen ÖPNV und scheut auch nicht davor hier massiv zu investieren um das Pendeln zur Arbeit zu verkürzen, stressfreier zu gestalten und als Maßnahme gegen den Klimawandel anzustreben.
Der Odenwaldteil des Kreises Bergstraße ist zu einem beliebten Wohnraum, gerade für junge Familien geworden. Das hängt unter anderem mit seiner Nähe zu Ballungszentren und seiner dennoch ländlichen Prägung zusammen. Angesichts der begrenzenten Siedlungsfläche werden auch hier die Wohn- und Mietpreise absehbar weiter steigen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass es auch in Zukunft bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen hier gibt?
Deutschlandweit hat sich die Zahl von Sozialwohnungen fast halbiert. Dem wollen wir mit Investitionen in Höhe von 15 Mrd. Euro im Jahr entgegenwirken. Wir wollen damit den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau fördern und ausbauen und den bestehenden Wohnungsbestand energetisch und demokratiefest umbauen. Mit der Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit binden wir die Förderung und steuerliche Vergünstigungen dauerhaft an Mietobergrenzen, eine Pflicht zur Reinvestition von Gewinnen sowie demokratische Mitbestimmungsrechte für MieterInnen. So können bis zu 250 000 Sozialwohnungen und weitere kommunale und genossenschaftliche Wohnungen pro Jahr entstehen. Dabei wollen wir vorrangig bezahlbaren Wohnraum im Bestand schaffen um weitere Flächenversieglungen zu vermeiden. Wir gehen davon aus, dass sich mit der Schaffung von bezahlbaren Wohnraum im notwendigen Umfang auch alle anderen Mieten wieder entspannen werden und der Preis sinken wird.
Jugendbewegungen wie „Fridays for Future“ verschaffen sich auch in unserer Region Gehör. Das zunehmend wachsende Interesse junger Menschen an Politik und daran, selbst Politik zu machen, zeigt sich auch in neuen, jungen Mitgliedern in den Gremien der Kommunalpolitik. Wie wollen Sie und Ihre Partei besonders die junge Generation – inklusive der Erstwähler – abholen und sie davon überzeugen, Ihnen ihre Stimme zu geben?
Wir begrüßen das politischen Engagement junger Menschen sehr und freuen uns auch über das zunehmend selbstbewusste Auftreten in ihren Forderungen. Die fatalen, herabwürdigenden Äußerungen aus der Politik halten wir für zutiefst beschämend für die Demokratie unseres Landes. Diese Kritik an die Jugend, sie solle doch erst einmal die Schulbank drücken oder arbeiten gehen, war höchst unangebracht und herablassend. Wir als Linke stehen an der Seite der Jugendlichen und möchten ihr mehr Gehör verschaffen. Denn ihre Forderungen sind mehr als berechtigt. Sie hat auch noch mehr Leben vor sich als die meisten Bundestagsabgeordneten. Auch, wenn ich als Kreistagsabgeordneter und Direktkandidat für den Bundestag teilweise andere Ansätze habe als FFF um dem Klimawandel zu begegnen, freue ich mich schon allein darüber, dass die dringende Notwendigkeit erkannt wird miteinander Lösungen finden zu müssen. Mit unserer Forderung das Wahlalter auf 16 Jahren herabzusenken zeigen wir den jungen Menschen auch, frühzeitig verantwortlich mitentscheiden zu dürfen. Und ich denke, dass gerade die FFF-Bewegung gezeigt hat, dass sie die Politik beeinflussen kann.
Die Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat gezeigt, dass Hochwasser eine Gefahr ist, auch in Regionen, in denen es nicht unbedingt erwartet wird. Im Zuge der Flutereignisse vor wenigen Wochen wurde den Behörden vorgeworfen, nicht rechtzeitig alarmiert zu haben. Wird im Kreis Bergstraße genügend für den Hochwasserschutz getan und sind wir auf ein vergleichbares Hochwasserereignis vorbereitet?
Die Hochwasser von 1612 und 1970 beispielsweise in Ober-Laudenbach werden zu schnell vergessen. Bei den Bebauungen an den Gewässern wurde diese Tatsachen nicht berücksichtigt. Alarmierungssysteme retten Menschenleben, Zerstörungen werden dadurch aber nicht verhindert. Wasserspeicher zur Verzögerung des Abflusses, die jederzeit gesteuert gefüllt und entleert werden können, müssen für ein Jahrtausendhochwasser ausgelegt sein! Genau solche Einrichtungen bringen Schutz vor Hochwasser aber auch gleichzeitig einen weiteren Nutzen: Wasserreserven für Trockenperioden vorzuhalten.
Solche Reservoirs lassen sich für eine effektive Energiespeicherung als kleine dezentrale Pumpspeicher-Kraftwerke nutzen, die zum Ausgleich der Volatilität von Wind- und Solarenergie bestens geeignet sind. Diese Investitionen, die Risikokosten minimieren und zusätzliche einen permanente Nutzen bei der Energieversorgung haben, ermöglichen eine unabhängige Amortisation!
Aufgrund der relativ langen Fahrtzeit ins nächstgelegene Krankenhaus oder zu einem Facharzt fühlen sich viele Odenwälder abgehängt. Wie kann die medizinische Versorgung ländlicher Regionen auch in Zukunft garantiert werden?
Die Strukturen der Gesundheitslandschaft müssen über Kreis- und Landesgrenzen hinweg optimiert werden. Nicht die regionale Versorgungsstruktur darf für die Notfallversorgung das Maß sein, sondern allein die beste Versorgung der Patienten ist als einziges Kriterium entscheidend. Der relativ dünn besiedelte Odenwald muss aufgrund der langen Fahrtstrecken zur nächsten Notfallversorgung – auch wenn sich dies in der unterdessen rein kommerziell betriebenen medizinischen Versorgung nicht rechnet – durch die Notwendigkeit der Gleichversorgung zu den dichtbesiedelteren Zentren verbessert werden. Diese Notwendigkeit zur Gleichbehandlung aller Patienten muss nun durch entsprechende Umleitung von Geldmitteln ausgeglichen werden. Durch die fahrlässige Schließung des Lindenfelser Krankenhauses ist hier ein Vakuum entstanden, das zu Recht die Menschen im Odenwald ängstigt. Die Daseinsfürsorge darf sich nicht allein der Rentabilität unterordnen, weil damit das Recht der Menschen auf angemessene medizinische Versorgung auch auf dem Land verletzt wird.